CEOs als Influencer: Zwischen Peinlichkeit und Authentizität
Immer mehr Unternehmer positionieren sich und ihre Betriebe auf Social Media – im Idealfall authentisch, mit glaubhaften Werten und hoher Transparenz. Doch es klappt nicht immer. Ein Überblick zu den Dos and Dont‘s vom Online-Marketing Experten Hannes Kirchbaumer.
Egal, ob Vorstand, CEO oder Inhaber: Sich als Chef eines Unternehmens hermetisch abzuriegeln und im Verborgenen zu walten, war gestern. Kein Wunder also, dass immer mehr Geschäftsführer und Managerinnen Social Media nutzen, um ihre Markenbotschaften und ihr persönliches Mindset zu transportieren. Ein Trend, der auch die Veränderung im Verhältnis zwischen Kunden und Unternehmen widerspiegelt. Gekauft wird nicht mehr blind, was angeboten wird, sondern dort, wo Werte, persönliche Bindung und die Story stimmen. Und wer könnte sie besser transportieren als der Chef persönlich? Als Bannerträger und Visionäre ihrer Marke rückt deshalb das C-Level in den Spotlight und auf Plattformen wie LinkedIn aus. Sehr zur Freude ihrer Follower. Leben doch die Sozialen Medien ausschließlich von den Personen, die sie bevölkern. Umso prominenter, umso besser. Wer zählt nicht gerne Top-CEOs zu seinem Bekanntenkreis? So virtuell er auch sein mag. Dass Unternehmerpersönlichkeiten das Zeug haben, auf Social Media enorm hervorzustechen, ist somit klar. Entsprechend aktiv wird auch nach ihnen gesucht. Und umso mehr muss ihre Darstellung überzeugen und ihren Unternehmen Sympathien einbringen. Ein paar Tipps helfen beim gelungenen Auftritt.
Authentisch kommunizieren.
Wer einer Unternehmerin oder einem Vorstand folgt, erhofft sich natürlich Einblicke zu bekommen, die deren offizielle Unternehmensseite nicht liefert. Wie tickt der Mensch? Wofür steht er? Welche Werte sind ihm oder ihr wichtig? Um dieses Interesse zu befriedigen, sollten die klassischen Unternehmensbotschaften in den Hintergrund treten. Vielmehr gilt es glaubwürdig und transparent zu kommunizieren und auch Aspekte abseits der erwartbaren Botschaften anzusprechen. Wirklich Privates muss man dafür allerdings nicht zur Schau stellen. Speziell auf LinkedIn bildet das Business einen Themenrahmen, den niemand verlassen muss.
Gelassen reagieren.
Wer sich als Markenbotschafter auf Social Media präsentiert, darf nicht dünnhäutig sein. Denn natürlich bietet jede Plattformen auch jenen ein Forum, die unzufrieden sind und sich kein Blatt vor den Mund nehmen. Einen Shitstorm, Kontroversen oder zumindest Diskussionen muss man aushalten und auch selbst ausfechten wollen. Zudem gilt: Wer austeilt, muss auch ein einstecken können. Wer selbst nicht mit Kritik spart und mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält, muss sich darauf gefasst machen, auch entsprechende Reaktionen zu erhalten. Allerdings bieten Social Media im Gegenzug auch eine Art Ventil, dass Unternehmerinnen und Unternehmer nutzen können, um zeitnah zu reagieren, Dinge richtig zu stellen und eine Diskussion wieder einzufangen, die vielleicht sonst aus dem Ruder laufen würde.
Zur Marke werden.
Hartlauer, Swarovski oder Kapsch – Wenn der Familienname identisch mit dem Firmenwortlaut ist, können die Eigentümer besonders authentisch auftreten. Kein Wunder, sie verkörpern ohnedies ihre Betriebe wie niemand sonst es könnte. Doch wie sieht es mit angestellten Managern aus? Sollen und können sie sich auch in gleichem Maß aus dem Fenster lehnen? Die Praxis zeigt, dass sie vielfach sogar hoch motiviert sind, sich darzustellen und auch ihren Namen zur Brand zu machen – und zwar egal, unter welcher Fahne sie gerade segeln. Zudem ist LinkedIn für Headhunter der perfekte Ort, um nach spannenden Typen zu suchen und um sich ein Bild zu machen.
Aalglatt oder frei von der Leber.
Natürlich lassen sich Beiträge strategisch planen und von der Kommunikationsabteilung gestalten und absetzen. Das Ergebnis ist allerdings nicht dieselbe. Follower merken sehr rasch, ob jemand selbst postet, an Diskussionen teilnimmt und zeitnah auf Kommentare reagiert, oder ob alles nach Schema-F abläuft. Zwar ist grundsätzlich auch an dieser Variante nichts auszusetzen, die gleiche Wirkung wird sie aber nicht erzielen. Vielmehr schlummert darin die Gefahr, platt, eindimensional und unnahbar zu wirken. Womit das genaue Gegenteil von dem erreicht wäre, was zumeist erwünscht ist.
Sympathie vorausgesetzt.
Social Media sind wichtig, aber noch immer kein absolutes Muss für CEOs. Wer keine Affinität, und noch schlimmer, kein Gespür für die verschiedenen Plattformen hat, sollte lieber davon absehen. Genauso sinnlos ist es, sich im Netz einen Anstrich geben zu wollen, der nicht zur tatsächlichen Persönlichkeit passt. Wer auch sonst zurückhaltend ist, wird sich auch auf Social Media nicht zu jeder Diskussion äußern.
Dran bleiben.
Am besten wirkt der Auftritt immer dann, wenn er authentisch gestaltet ist und ein durchgängiges Bild transportiert. Damit das klappt, ist allerdings eine gewisse Nachhaltigkeit gefragt. Nur alle drei Monate ein paar Likes zu vergeben, ist definitiv zu wenig. Entsprechend sinnvoll ist es, regelmäßig Beiträge zu veröffentlichen, die im Idealfall ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Dabei kommt es auf die Mischung an. Produktion, Mitarbeiter, Werte, Partnerschaften, Innovation, soziales Engagement und auch ab und an ein wenig Meinung und Privates können Quellen für Postings bilden.
Achtung, Doppelmoral.
Wie privat man sich zu präsentieren bereit ist, hängt natürlich ganz vom jeweiligen Charakter ab. So natürlich bei einem leutseligen Winzer ein Foto vom Abendspaziergang durch die Weinreben sein kann, so irritierend wirken vielleicht Szenen aus dem Privatleben, bei einem anderen. Wer sich dafür entscheidet, auch Aspekte aus seinem Privatleben zu zeigen, kann sich immer vorab die Frage stellen, ob sie nahtlos und glaubwürdig an das Image des Unternehmens anschließen, oder diesem vielleicht sogar widersprechen. Wer beispielsweise am Vormittag seinen Nachhaltigkeitsbericht rühmt, tut gut daran, sich nicht am Nachmittag mit seiner Rennwagensammlung zu präsentieren.
Anregungen holen.
Manche Unternehmerpersönlichkeiten spielen perfekt auf der digitalen Klaviatur. Sie zu beobachten und von ihnen zu lernen, ist vor allem am Anfang hilfreich. Wer Anregungen sucht, findet sie zum Beispiel bei Tesla-Chef Elon Musk, der Multiunternehmerin Lea-Sophie Cramer, aber auch bei Altkanzler Gerhard Schröder, der rege auf LinkedIn diskutiert. Aber auch der Bauunternehmer Hubert Rhomberg, Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner sowie Magenta-Boss Andreas Bierwirth zeigen, wie es gehen kann.
Geht gar nicht.
Wirklich überraschende No gos, auf die CEO-Influencer achten müssen, gibt es keine. Mittlerweile ist es sogar durchaus üblich geworden, dass sich Unternehmen politisch positionieren. Doch auch dabei gilt: Was bei einem ein Skandal wäre, ist bei einem anderen ganz normal. Das Fingerspitzengefühl sollte also immer mit an Bord sein. Und im Zweifelsfall: Vor dem Posting eine zweite Meinung einzuholen, kann niemals schaden.