Digitaler Aufholbedarf bei Österreichs Kleinbetrieben

Der Digitalisierungsindex 2021 zeigt, dass sich Home-Office, Videotelefonie und E-Commerce fast nur bei größeren Unternehmen durchgesetzt haben. In puncto digitaler Transformation wächst also die Kluft zwischen Groß und Klein – weitgehend unbemerkt.

Auch wenn in letzter Zeit viel von einem wahren Boost die Rede war: Ein Jahr Corona hat die Digitalisierung der österreichischen Unternehmen bei weitem nicht so stark beschleunigt wie angenommen. Großbetriebe, die Industrie und einzelne Branchen haben tatsächlich einen veritablen Digitalisierungsschub erhalten. Diese Vorreiter sind jedoch nur ein kleiner Teil des Gesamtbilds.

In anderen schwer betroffenen Branchen wie Handel oder Handwerk haben nämlich nur wenige den Betrieb durch weitere Digitalisierungsschritte aufrechterhalten. Im Handel etwa hat gerade einmal jedes zehnte Unternehmen verstärkt auf neue Online-Absatzkanäle gesetzt, wie der neue Digitalisierungsindex 2021 für Österreich beweist.

 

Große ziehen Kleinen weg

 

Eine der zentralen Erkenntnisse der Ehrhebung im Auftrag des Telekom-Unternehmens 3: Vor allem Klein- und Kleinstbetriebe wurden von der Krise so massiv getroffen, dass an Digitalisierungsinvestitionen überhaupt nicht zu denken war. In Folge hat sich die Kluft zwischen Klein und Groß sogar noch weiter vergrößert. Von den größten Unternehmen des Landes gaben in der aktuellen Befragung mehr als 90 Prozent an, dass Corona ihre Digitalisierung beschleunigt hat. Im Gesamtdurchschnitt über alle Unternehmenskategorien betrachtet hat jedoch kaum mehr als ein Drittel digitale Fortschritte erzielt.

Eine Erkenntnis, die neben unzähligen Berichten über Digitalisierungsinitiativen, bislang kaum Raum gefunden hat. Dividiert man Groß und Klein auseinander wird allerdings rasch klar, wie groß die offene Flanke der heimischen Wirtschaft ist. Errechnet wird der Digitalisierungsindex aus fünf Einzelfaktoren: Von der IT-Ausstattung und Vernetzung, über Online-Präsenz und -vertrieb bis zur Arbeitsweise.

Auf einer Skala von eins bis hundert misst der Index den Digitalisierungsgrad des Unternehmens. Heimische Großbetriebe erreichten dabei zuletzt einen durchschnittlichen Fortschrittsgrad von 54 Zählern, um 11 Punkte mehr als noch 2019. Bei Kleinstunternehmen hat sich der Wert mit 34 Zählern dagegen kaum verändert. In Summe ist damit der Digitalisierungsindex für Unternehmen in Österreich 2021, gegenüber vor der Pandemie, nur marginal von 34 auf 35 Punkte gestiegen.

 

Hemmschuh Internet-Zugang

 

Initiiert wurde der Digitalisierungsindex 2017 von Drei gemeinsam mit Arthur D. Little Austria, WKO und WU Wien. Für den aktuellen Digitalisierungsindex hat das Marktforschungsunternehmen marketmind im Jänner und Februar dieses Jahres 811 Unternehmen befragt – repräsentativ über alle Branchen und Betriebsgrößen für ganz Österreich. Die Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little Austria hat die Daten analysiert und mit den Ergebnissen aus den Jahren vor der Pandemie verglichen.

 

Digitalisierungs-Boost in Großbetrieben verzerrt Gesamtbild

 

Mehr als die Hälfte der Großunternehmen haben im Zuge der Pandemie Home-Office oder Videokonferenztools eingeführt oder deren Einsatz verstärkt. Berücksichtigt man auch die kleinen Betriebe, geben aber gerade einmal acht Prozent an, vermehrt videotelefoniert zu haben und nur sechs Prozent haben in Corona-Zeiten zum ersten Mal oder verstärkt im Home-Office gearbeitet.

In Summe wird Home-Office nun in vier von zehn Unternehmen genutzt. Fast die Hälfte der Betriebe arbeitet auch nach Corona weiterhin ohne Telefon-, Video- und Webkonferenzen und ohne Digitale Signatur. Cloud-Services nutzen überhaupt erst 39 Prozent der Betriebe.

Besonders betroffene Branchen zeigen auf, wohin die Reise geht: Vor allem Industrie, Tourismus, Bildung, Kultur und die Kommunikationswirtschaft haben im Digitalisierungsindex einen Sprung nach vorne gemacht. Die Bildung, wo Videokonferenztools erstmals eingeführt und sofort intensiv genutzt wurden, zählt nach Corona jetzt zu den Top 6 der Digitalisierung in Österreich.
Jedoch: Über alle Branchen verzichtet nach wie vor jedes dritte Unternehmen auf die digitale Ansprache bestehender und neuer Kunden. Dementsprechend erzielt immer noch der Großteil der Unternehmen unter 10 Prozent des Umsatzes über digitale Kanäle. Immer noch besitzt ein Viertel der Betriebe keine eigene Website und nur ein Zehntel verfügt über einen Webshop.

Angesichts der Tatsache, dass die heimische Wirtschaft maßgeblich von KMU bestimmt wird, stimmt die magere Dynamik mehr als nachdenklich. Doch wie lässt sich Abhilfe schaffen? „Initiativen für mehr Beratung und für eine leichtere Finanzierung gibt es, sie müssen aber noch bekannter werden. Außerdem benötigen die Betriebe dringend breitflächig schnelles Internet: Rund ein Drittel sitzt hier immer noch vor leeren Gläsern“, meint Karim Taga, Managing Partner von Arthur D. Little Austria.

Die befragten Unternehmer wünschen sich bei der Digitalisierung vorrangig Umsetzungsberatung, eine schnellere Internetverbindung und verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen. Speziell KMU könnten durch Unterstützung in diesen Bereichen Wissenslücken schließen und technische Rückstände verkleinern.

Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus?

Nutzen Sie das Kontaktformular, wir helfen Ihnen gerne weiter!